Was die Sterne uns nicht sagen

0

Astrologie ist völliger Quatsch, unwissenschaftlicher Blödsinn und nur Schwachsinnige glauben den Mist. Damit könnte der Beitrag auch schon beendet sein, ich stehe da komplett dahinter, aber Anhänger der Horoskope wird man mit plumper Beleidigung nicht überzeugen. Arroganz ist sicherlich ein schlechter Lehrer. Vielmehr spielt man der Astrologie so nur eine Opferrolle zu. So wird von wissenschaftlicher Seite häufig angebracht, dass es keine Hinweise darauf gibt und es auch aus Sicht der Physik nicht nachvollziehbar ist, warum Sterne, die hunderte Lichtjahre von der Erde entfernt sind, irgendwelche Einflüsse auf den Planeten oder gar dessen Bewohner haben soll. Aber tatsächlich ist das eher ein Pseudoargument. Es ist wohl richtig, aber für wissenschaftliches Arbeiten gilt: die Abwesenheit von Beweisen ist kein Beweis dafür, das etwas falsch ist.

Aber von Anfang an. Die Astrologie beruht auf der Annahme, dass es einen Zusammenhang zwischen den Positionen und Bewegungen von Planeten und Sternen und irdischen Ereignissen wie insbesondere dem Leben der Menschen gibt. Das klingt zunächst einmal gar nicht so absurd. Wer sich zum Beispiel mit (physikalischen, nicht esoterischen) Felder im weitesten Sinne befasst, weiß, dass es die Erde selbstverständlich von der Gravitation der Sonne, des Mondes oder Jupiters beeinflusst ist, auch das Magnetfeld der Sonne ist sicherlich stark genug um nachweisbare Effekte auch auf die Erde zu haben. Sogar Merkur hat ein messbares Magnetfeld, die Gasriesen strotzen nur so davor. Auch erreicht uns von allen Himmelskörpern, die wir sehen können unzweifelhaft elektromagnetische Strahlung, auch wenn diese sich natürlich um Größenordnungen unterscheiden. Aber nochmal, nur weil wir eine Kraft nicht kennen, heißt das nicht, dass es sie nicht geben kann (auch wenn das sehr wahrscheinlich ist).

Wenn alles aus dem Zentrum kreiselt

Neben etlichen logischen Knackpunkten bildet  aber die Präzession (die Richtungsänderung der Erdachse, die eine Folge der Massenanziehung des Mondes und der Sonne in Verbindung mit der Abweichung der Erdfigur von der Kugelform) und Nutation (eine kleine periodische Schwankung der Richtung der Erdachse, die sich dem gleichmäßigen Kegelumlauf der Erdachse, der Präzession, überlagert) der Erde ein fundamentales Problem für die Astrologen.

„Praezession“ von User Herbye (German Wikipedia). Designed by Dr. H. Sulzer - Original. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons.

Praezession“ von User Herbye (German Wikipedia). Designed by Dr. H. Sulzer – Original. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons.

Die Erdachse ist um 23.5 Grad gegen die Bahnebene (Ekliptik) geneigt, aber die  Sonne und der Mond (natürlich auch, wie bereits erwähnt in geringerem Maße, die anderen Planeten) üben Kräfte auf den Äquatorwulst der Erde aus, die versuchen, die Erdachse gegenüber der Bahnebene aufzurichten. Die Erde reagiert auf diese Kräfte mit einer Kreiselbewegung ähnlichen dem Schlingern eines austrudelnden Kinderbrummkreisels. Das passiert sehr langsam aber stetig. Das bedeutet, die Erdachse beschreibt eine Bewegung auf einer Kegelfläche. In etwas über 25000 Jahren läuft diese Kreiselbewegung (Präzession) dabei einmal um. Die Periodendauer der, durch die um 5% zur Ekliptik versetzen Mondbahn, erzeugten „Schlingerbewegungen“ (Nutation), beträgt 18,6 Jahre und ihre Amplitude ist 9,2 Bogensekunden (hier ist das Winkelmaß Grad zu grob, die Darstellung in der Zeichnung ist stark überzeichnet)  rechtwinklig zur Ekliptik und 6,8 Bogensekunden parallel zur Ekliptik.

Seit ptolemäischer Zeit, der seinerzeit das schließlich für über 1500 Jahre geltende Weltbild definierte, (das auf falschen kosmischen Vorstellungen beruhte und nicht wie andere physikalische Theorien „nur“ verbessert, sondern mit dem kopernikanischen Weltbild ausdrücklich widerlegt wurde) haben sich die in der Astrologie geltenden Sternzeichen – die ja fest mit dem Jahresablauf verbunden sind – und die (astronomischen) Sternbilder um mittlerweile ca. eine Position gegeneinander verschoben.

Wer also z.B. die Fische als Sternzeichen hat, ist gar nicht unter den Fischen, sondern unter dem Wassermann geboren! Die Astrologen sprechen daher von Sternzeichen, deren Wirkung genau so sei, wie sie von Ptolemäus seinerzeit festgelegt wurde. Warum die Sternzeichen aber genauso wirken sollen wie die Sternbilder zu Zeiten des Ptolemäus, ist damit nicht erklärt. Es ergibt schlicht keinen Sinn, diese Effekte zu ignorieren. Die Präzession ist und bleibt ein fundamentales Problem für die Astrologie. Auch wenn dies die Astrologen abstreiten („wir rechnen mit Sternzeichen“) ist dies ein echtes Killerargument gegen die Astrologie. Dazu kommt noch, dass die Sonne in etwa 250 Mio Jahren um das galaktische Zentrum unserer Milchstraße läuft, d.h. das Sternzeichen bewegt sich durch den Raum. Auf Makroskopischen Skalen wandern Sternbilder also nicht nur, sondern ändern sich schließlich gänzlich.

Fakt ist jedenfalls, dass sich die Astrologie zwangsläufig vom tatsächlichen Himmel abgekoppelt hat. Denn die Effekte der Präzession und Nutation wirken nicht nur diskret über die vollen Zwölftel des Tierkreises, sondern kontinuierlich. Jeden Tag aufs neue verschiebt die Präzession die Sternbilder und damit auch die Argumente für astrologische Häuser und Aspekte. Deren Berechnung wäre aber tatsächlich mit moderner Computertechnik kein Problem. Heute sind Nutationsberechnungen bis auf 0,3 * 10^-6 Bogensekunden möglich, die man auch benötigt, um erdgebundene Teleskope korrekt ausrichten zu können. Es widerspricht jedoch offenbar schlicht der Tradition.

Tatsächliche Fakten bleiben unberücksichtigt

Die Astrologie kann außerdem nicht das Geschlecht und die Hautfarbe eines Menschen erkennen, obwohl beide für das Leben und die Chancen und Charakterzüge von Menschen von fundamentaler Bedeutung sind. Sie verkennt auch die Wirkung des sozialen Umfeldes; der Sohn eines Arztes und der Sohn eines Arbeiters etwa haben unterschiedliche Startbedingungen ins Leben. Ein Straßenkind aus Sierra Leone sicherlich andere Sorgen als ein Schweizer Internatsschüler. Eine umfassende philosophische Kritik der Astrologie wird sicherlich später folgen.

Share.

About Author

Leave A Reply