… oder warum Dinge, die völlig unrealistisch klingen, meist völlig unrealistisch sind.

„Quant“, Pressefoto nanoflowcell.com
Von Anfang an. Nunzio La Vecchia, Doktor der … ja was eigentlich?, das verrät er irgendwie nicht, Sänger und Gitarrist, Cheftechniker und Unternehmer verspricht, ein Superauto entwickelt zu haben. Ein Elektroauto ohne klassische Batterie, sondern mit Flussbatterie angetrieben. Vereinfacht ausgedrückt, Sie speichert elektrische Energie in chemischen Verbindungen, wobei die Reaktionspartner in einem Lösungsmittel in gelöster Form vorliegen. Die zwei energiespeichernden Elektrolyte zirkulieren dabei in zwei getrennten Kreisläufen, zwischen denen in der galvanischen Zelle mittels einer Membran der Ionenaustausch erfolgt. In der Zelle werden dabei die gelösten Stoffe chemisch reduziert bzw. oxidiert, wobei elektrische Energie frei wird. Soweit die Wikipedia-Erkenntnis zu dieser eigentlich bekannten Technik. La Vecchia verspricht hier aber Energiedichten von 600 Wh/kg, herkömmliche Redox-Flow-Batterien (namentlich Zink-Brom-Akkumulator, der momentane Benchmark) kommen auf ca. 50 – 60 Wh/kg. Eine Steigerung der bisherigen Bestleitung um den Faktor 10 Respekt!
Diese Daten sorgen natürlich für beeindruckende Leistungen des Fahrzeugs, 2300Nm, 480kw (etwa 650PS), 350km/h Spitze bei 600km Reichweite, mit einer Tankfüllung voll Salzwasser!
Marktreif ist das Ganze laut Welt (ja, die renommierte deutsche Tageszeitung aus dem Hause Springer) bereits jetzt, Verkaufsstart wohl im kommenden Jahr.
Wer uns kennt, weiß, der ScifunClub wäre der Letzte, der neuer Technologie gegenüber nicht aufgeschlossen wäre, aber das hier schreit zum Himmel und keiner wagt es, skeptisch zu sein, weil man hinterher nicht als engstirniger, technologieungläubiger Hinterweltler dastehen will.
Warum also sind wir so skeptisch und lassen uns dazu verleiten, das Ganze explizit als Humbug zu bezeichnen? Nun, La Vecchia (NLV) ist kein unbeschriebenes Blatt, er hat vor fünf Jahren schon mal eine Wundersolarfolie medienwirksam präsentiert. Gigantischer Wirkungsgrad, vernachlässigenswerte Produktionskosten, Kooperation mit Koenigsegg, die Lösung aller Probleme. Heute redet niemand mehr darüber. Das ist auch keine Verschwörungstheorie, La Vecchia selbst verliert auch kein Wort mehr über das Thema. Aber Fördergelder hat er seinerzeit wohl massiv eingestrichen. Keiner weiß, wo er herkommt. Er hat nichts veröffentlicht, das auch nur den Eindruck erwecken könnte, er wäre auf mehreren Hochtechnologiefeldern der renommierten Wissenschaft Jahrzehnte voraus.

Schema einer Redox-Flusszelle (Redox Flow Cell) mit den dazugehörigen Elektrolytbehältern und Pumpen. Die chemische Umwandlung in der Zelle ist durch den Farbverlauf angedeutet.
„Redox Flow Zelle Deutsch Farbverlauf“ von Nick B. – Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons.
Heute sind es also Wunderakkus statt Solarfolie. Blöd nur, dass jede genauere Information zur verwendeten Technik dem „Geschäftsgeheimnis“ unterliegt. Der Prototyp des Quant e wird von einer ca. 30kW starken Blackbox angetrieben (da fehlt noch Einiges zu den versprochenen 480kW). Aber wenn ein attraktiver „Macher“ ein paar wohlklingende Fantasienamen prägt (NanoFlowcell, Pyradian high-performance thin-film solar cell, Quandrit plasma reactor for electric power generation) dann stehen die, die immer noch auf die letzte Wahrheit in der Esoterik hoffen, bereitwillig Schlange, dabei ist „die Bereitschaft, an einen Messias statt an harte, unglamouröse Forschungsarbeit zu glauben, […] offenbar groß.“ (Gregor Honsel)
Nein, der „Quant e“ wird so sicherlich nie kommen. Wenn er jemals fährt und davon ist auszugehen, denn eine Staßenzulassung durch den den TÜV Saarland hat er bereits, dann kleiner, unspektakulärer und sicherlich teurer. Wir wollen hoffen, dass es diese Redox-Flow-Batterie tatsächlich gibt, denn so etwas mobil zu bauen, wäre bereits ein enormer technischer Fortschritt. Die angekündigten Wundereckdaten bräuchte es gar nicht, um als Technikpionier dazustehen. Warum also so viel geschepper?